Ein paar Fragen an: Ultraläufer Michael Ohler

Michael Ohler Badwater 135 T8

Michael erzählt uns, warum er in Laufbekleidung in die Sauna geht, von Halluzinationen in der Wüste bei Badwater 135 und Rekorden bei der 24 Stunden EM. Wir durften ihn mit Produkten unterstützen und haben ihm nun ein paar Fragen zu seinen fantastischen Leistungen gestellt.

Sporthunger: Hallo Michael, Gratulation zu einer fantastischen Saison. Mit Badwater 135 und deiner Performance bei der 24 Stunden Europameisterschaft waren ein paar echte Highlights dabei. War 2022 dein bestes Laufjahr bis jetzt?

Michael: Ja, dieses Jahr war bis jetzt der absolute Wahnsinn. Für mich war es auch das beste Laufjahr, auch wenn ich in anderen Jahren deutlich mehr Titel gewonnen habe. In diesem Jahr habe ich mich bewusst auf die 24h DM und Badwater fokussiert. Das dann auch noch die Nominierung zur 24h EM raussprang, war ein absolutes Highlight für mich und so eigentlich nicht geplant.

Sporthunger: Wie bist du eigentlich zum Laufen und besonders zum Ultra-Laufen gekommen?

Michael: Ich war schon immer sehr aktiv, habe mich aber in der Jugend für Fußball entschieden. Das hat mit auch eine Sprunggelenkverletzung beschert und ich machte 10 Jahre keinen Sport mehr. Mit Übergewicht, chronischem Sodbrennen und Bandscheibenvorfall war es 2010 an der Zeit was zu tun. Also fing ich mit dem Laufen an.

Zum Ultra-Laufen kam ich über das Trail-Laufen. Nach dem Boston Marathon 2013 und dem für uns als Familie glücklichen Ende bei dem Terroranschlag, wollte ich raus aus der Stadt und den Menschenmengen.

Sporthunger: Erzähl uns doch ein bisschen über Badwater 135 – was macht dieses Rennen so besonders? 

Michael: Der Badwater 135 ist ein Rennen mit einer eigenen, sehr begeisterten Community. Eigentlich hatte ich niemals im Leben mit einer Nominierung gerechnet. Allein das du ausgewählt wurdest, ist schon wie ein Ritterschlag. Außerdem liebe ich es zu organisieren, was ja beim Badwater mit Crew, Verpflegung, Taktik etc. ein Muss ist.

Natürlich die unglaubliche Hitze. Du spürst nur noch „heiß“. Und die atemberaubende Wüste und Landschaft. Auf einmal bist du mitten in der Nacht alleine, weit und breit keine Menschenseele, ein Himmel und Sterne, wie ich ihn nur aus meiner Kindheit kannte. Aber auch die Weite. So weit konnte ich noch nie in meinem Leben auf Land schauen. Ist dann halt mental eine Herausforderung

Am meisten Angst hatte ich aber für meine Crew. Sie mussten über 100x raus aus dem Auto, in die Hitze. Meine Angst war aber unbegründet. Ich hatte die geilste und beste Crew „ever“. Meine Tochter Jana, Manuel und Thomas waren perfekt abgestimmt. Auch das macht den Badwater 135 so besonders. Ohne Crew bist du nichts! Du lernst im Team zu arbeiten und deine Supporter zu respektieren. Es ist ein Teamerlebnis!
 

Michael Ohler Badwater Crew 

"War ich auch mal mit meinen Laufklamotten für den Badwater in der öffentlichen Sauna"

Sporthunger: Wie hast du dich auf Badwater 135 vorbereitet? Hattest du besondere Protokolle zur Hitzeakklimation?

Michael: Vor der Hitze hatte ich einen Heidenrespekt, war aber sehr gut vorbereitet. Die 4 Wochen vor dem Event hatte ich ein tägliches Hitzetraining in meiner Infrarot-Sauna eingebaut. Dort bin ich nach intensiven oder langen Läufe rein. Die Läufe habe ich extra ohne Getränkeaufnahme absolviert. Dann gegen Ende in der Sauna meinem Körper die Elektrolyte gegeben. Somit hat mein Körper gelernt, dass er die Elektrolyte aufnehmen und bei sich behalten muss, damit meinen Körper für die Aufnahme der Flüssigkeit trainiert.

Wenn es draußen heiß war, bin ich auch mal mit Winterklamotten durch meine Region gelaufen. Das war immer ein Highlight für die Leute, wo mir entgegen kamen. Oder war ich auch mal mit meinen Laufklamotten für den Badwater in der öffentlichen Sauna. Da war ich sofort das Highlight. 

Sporthunger: Wir haben dich ja mit ein paar Produkten für dieses Rennen unterstützt. Welche Sporthunger Produkte haben besonders gut für dich funktioniert und warum?

Michael: Da man in die USA nichts an Nahrung mit einführen darf, bin ich auf Nummer sicher gegangen und habe meine Produkte von Sporthunger für einen "Vor-Ort Einkauf" gegoogelt. Somit war ich sicher, dass ich die Produkte wo bei mir funktionieren und ich überzeugt davon bin, auch in den USA bekommen.

Bei meinem Hitzetraining hatte ich zum Beispiel Getränke von Tailwind und Skratch Labs in den Flaschen. Das sind dann auch Produkte, die man in den USA sehr gut bekommt. Bei den Gels favorisiere ich ja Spring Energy, mit denen ich bei meinen 24h Läufen die Energie zuführe. Da die nicht so einfach zu bekommen sind, habe ich mich für den Badwater für GU Roctane entschieden. Die natürlich auch vorab ausreichend getestet.

Für die Kleidung hatte ich von Sporthunger die T8 Sherpa Laufhose und das Iced Tee Laufshirt. Mit der T8 Commandos Unterhose hatte ich auch keine Probleme mit Scheuern. Die Socken waren auch von T8. Wie gut die T8 Kleidung funktionierte, zeigt das ich vom Start bis ins Ziel ohne Wechsel auskam.

Das wohl wichtigste Produkt waren die Saltstick Caps. Zeitweise habe ich alle 20 Minuten eine Kapsel eingeworfen, um den Salzverlust zu kompensieren.

„Warum steht hier in den Bergen ein Kirmesstand?“

Sporthunger: Western States, UTMB, Badwater, Spartathlon usw. – deine “Laufvita” liest sich wie die Bucket List von vielen Ultraläufern. Wenn du nur eines deiner Rennen noch mal laufen dürftest – welches würdest du wählen? 

Michael: Das ist eine extrem schwierige Frage, weil jedes Rennen sein eigenes Flair und seine eigene Geschichte hat. Wenn du mich vor einem Jahr gefragt hättest, wäre es der Western States gewesen. Heute lautet meine Antwort Badwater 135. Weil ich jetzt genau weiß, was auf mich/uns zukommt und ich/wir noch Potential haben. Aber am wichtigsten, es ist ein unglaublicher Lauf mit unglaublichen Leuten und einer brutalen Landschaft. Allein der letzte Aufstieg zu Mt. Whitney Portal und den Halluzinationen, die ich erlebt habe, Wahnsinn!
 
Sporthunger: Halluzinationen? Erzähl uns mehr. 

Michael: Ja, Halluzinationen hatte ich ja auch schon bei meinen Backyards erlebt. Aber die beim Aufstieg zum Mt. Whitney waren der Knaller. In Lone Pine, der Stadt am Fuße des Mt. Whitney bekam ich heftige Kreislaufprobleme und musste mich beim Weg nach oben (Aufstieg ist 17km lang) mehrmals hinlegen. Meine Tochter hat sich dann für den Aufstieg als Pacer für mich aufgemacht und mich unterstützt.

Das sie auch schon über 40 Stunden wach war, hatten wir beide Probleme mit Dingen, die wir sahen, aber nicht real waren. Sie sah Dinge, wo ich nicht sah und umgekehrt. Manchmal hatte sie richtig Angst und ich versuchte sie ihr zu nehmen. Somit hatte ich eine Aufgabe und lief einfach immer weiter. Das Krasseste, was ich sah, war eine Mauer längs in der Straßenmitte. Wenn ich mich duckte, wurde die Mauer kleiner, wenn ich hoch ging, wurde sie höher. So richtig 3-Dimensional. Ich musste lachen, weil es so verrückt war und wir alberten wegen des freien Marihuana Konsums in Kalifornien.

Auf halben Weg sahen wir dann beide das gleiche, einen Kirmesstand. „Warum steht hier in den Bergen ein Kirmesstand?“ Als wir hinkamen, war es ein Pavillon, letzter Checkpoint vor dem Ziel. Irgendwie erholten wir uns und versuchten die 29 Stunden zu unterbieten. Meine Tochter hat extrem Druck gemacht, damit wir es schaffen. Hatte dann nicht mehr ganz gereicht, aber wir hatten für das letzte Stück vom Checkpoint zum Ziel die 4. Schnellste Zeit 

Sporthunger: Welches Rennen steht bei dir ganz oben auf der “To Run List”?

Michael: Mit der Frage bin ich aktuell überfragt. Vielleicht auch, weil ich das erlebte und erreichte erstmal verarbeiten muss.

Aber ganz oben auf meiner Liste steht die 24h WM 2023 in Taipeh, Taiwan. Dort zu starten wäre mein großer Wunsch und ich wäre bis in die Haarspitzen motiviert und habe Blut geleckt.

Sporthunger: Bei der 24 Stunden Europameisterschaft ist mit einem 6. Platz, 3. bester deutscher 24H Strecke die jemals gelaufen wurde und Altersklassen Weltrekord?  

Michael: Die 24h EM war der Hammer. In meinem Alter in das deutsche Team nominiert zu werden, Teil davon sein zu dürfen, was will man mehr?

Mein Ziel war eigentlich Persönliche Bestleistung und damit auch dem Männerteam für eine gute Platzierung zu helfen. Im Hinterkopf hatte ich aber auch den deutschen Altersklassenrekord. Dafür musste ich mehr als 261 Kilometer schaffen. Die ersten 100km war ich sehr schnell unterwegs, wusste dass ich etwas rausnehmen musste. Mir war auch klar, wenn ich gut durch die Nacht komme, werde ich automatisch im Ranking nach vorne gespült. Dafür hatte ich nachts auch keine Experimente mit der Nahrung gemacht. Fast nur Gels, weil der Biorhythmus nicht auf Verdauen ausgerichtet ist. Als die letzten vier Stunden anbrachen, wusste ich, dass jetzt alles perfekt laufen muss, damit ich die letzte Power raushauen kann. Meine Tochter und Betreuerin Jana hat mir dann alles zubereitet, damit ich die notwendige Energie aufnehme und bekomme.

Unser Coach hat mich dann die letzte Stunde wahnsinnig motiviert und mir die Rekorde, die ich holen könnte, zugerufen. Das hat bei mir noch mal die letzten Kräfte freigesetzt.

Ja, jetzt habe ich den deutschen Altersklassenrekord, bin auf der ewigen Deutschen Bestenliste auf Platz 3 und das Highlight ist der Altersklassen „Weltrekord“. 
 

Michael Ohler 24H EM


Sporthunger: Wie sieht deine Ernährungsstrategie für solche extrem langen Wettkämpfe aus?

Michael: Das kommt auf den Lauf an. Bei einem 24h Lauf versuche ich mich so Magenschonend wie möglich zu ernähren. Bevorzuge Spring Energy Gels, die haben einen sehr hohen Kaloriengehalt und da sie aus natürlichen Zutaten sind, vertrage ich sie sehr gut. Zusätzlich trinke ich jede Stunde eine Flasche mit Tailwind. Wenn es Nacht wird, wechsle ich dann auf die Produkte mit Koffein, auf das ich schon Wochen vorher verzichtet habe. Zwischendurch etwas Banane, Datteln. Hefezopf mit eurer Trailbutter hat bei mir Tradition, entweder vor oder während dem Lauf.

Bei einem Lauf wie Badwater 135 versuche ich so lange wie möglich feste, natürliche Nahrung zu mir zu nehmen, kombiniert mit Gels wegen der schnellen Energiezufuhr. Das funktioniert aber bei der Hitze dann irgendwann nur noch bedingt. Dann kommen die üblichen Gels und jede Stunde eine Flasche mit Tailwind oder Skratch Labs zum Einsatz.

Sporthunger: Du bist selbst involviert in der Organisation des Bienwald Backyard Ultra. Was erwartet Teilnehmer bei diesem Event?  

Michael: Die Teilnehmer erleben eine sehr familiäre Atmosphäre. Wir tun alles, damit sie sich wohlfühlen, damit sie weit gehen können. Im Oktober werden wir auch Ausrichter für Team Germany im Rahmen der Big Dog`s Satellite World Championships sein. Das Event wird weltweit Live gestreamt und alle Backyard-Größen werden antreten. Als Team Captain und auch Organisator habe da eine Doppelrolle. Ich bin mir aber sicher, wenn das Startsignal kommt, bin ich nur noch Läufer.

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Mehr information zu Michael findet ihr auf seiner Webseite. Wer interesse am Bienwald Backyard hat, kann sich hier informieren. 

2 Kommentare

  • Tobias Rottenbach am

    Klasse Interview und sehr starke sportliche Leistungen. Top.

  • Tobias Rottenbach am

    Klasse Interview und sehr starke sportliche Leistungen. Top.

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